Über das Evangelium

Evangelium heißt übersetzt ja 'frohe Botschaft', aber was ist nun die 'frohe Botschaft' im christlichen Glauben?

    Der Kern des christlichen Glaubens ist die leibliche Auferstehung von Jesus Christus aus den Toten. Er ist der erste Mensch, welcher diese Grenze überwunden und den Tod besiegt hat. Die 'frohe Botschaft' ist die Nachricht von der Überwindung des Todes, der Vergebung der Sünden und der Ankunft des Reiches Gottes.

Aber sind diese Berichte nicht menschliche Erfindungen der Jünger Jesu, welche mit seinem Tod, und damit mit seinem Misserfolg, nicht zurechtgekommen sind?

    Hierüber gibt es die verschiedensten Theorien, nur eines ist klar: Alle jene, welche dieses Ereignis bezeugt haben, setzten sich dadurch einer direkten Lebensgefahr aus. Da wäre es weitaus einfacher gewesen, nur an seinen Lehren festzuhalten und danach zu leben. Viele dieser Zeugen waren Verfolgungen ausgesetzt, zuerst von jüdischer Seite, welche die Christen als gefährliche Sekte ansahen, später auch von heidnischer Seite, da die Christen, ebenso wie die Juden, keinen heidnischen Göttern opferten. Und viele wurden tatsächlich um dieses Zeugnisses willen umgebracht.

Das ist aber kein Beweis!

    Es ist richtig, dass wir die Auferstehung nicht beweisen können – nur baut sich unser gesamtes Geschichtsbild neben archäologischen Funden auf Zeugnissen und Überlieferungen auf. So gesehen ist die Auferstehung ein gut bezeugtes, historisches Ereignis. Die historische Existenz des Jesus von Nazareth ist mittlerweile unbestritten, dies beantwortet aber nicht die Frage, wer er war?

Wer war er denn aus christlicher Sicht?

    Er ist der Gesalbte Gottes, der Christus, das übersetzt 'der Gesalbte' bedeutet. Er war und ist wahrer Gott und wahrer Mensch, wie es im Glaubensbekenntnis formuliert ist, das alle Christen miteinander verbindet. Er kam in diese Welt, um Zeugnis zu geben, wer Gott ist und wie er ist – und wie der Mensch, geschaffen als Gottes Ebenbild, leben sollte. Er sagte ja selbst: „wer mich sieht, sieht den Vater“.

Und dieser Gesalbte hat sich dann Gott geopfert?

    Der Tod von Jesus war kein Menschenopfer an Gott, wie sein Sterben am Kreuz oft irrtümlich verstanden wird, sondern eine Hinrichtung – die Kreuzigung war die römische Strafe für Aufständische. Jesus hat ein Zeugnis gegeben, und um dieses Zeugnisses willen wurde er umgebracht. Sein Opfer waren Hingabe und Treue, Vertrauen zu Gott und Liebe zu den Menschen, und die Bereitschaft, hierfür und um seines Zeugnisses willen auch den Tod zu erleiden.

In der Geschichte der Menschheit hat es viele Menschen gegeben, die bereit waren, für ihre Überzeugungen auch das Leben zu geben. Was ist dann an Jesus das Besondere?

    Es ist leider bis zum heutigen Tage so, dass Menschen, die sich für Gerechtigkeit und Menschlichkeit einsetzen, von den Mächtigen unterdrückt, gefangengehalten oder gar getötet werden. Das besondere an Jesus war, dass der Tod ihn nicht festhalten konnte, dass er auferstanden ist in einem neuen, unsterblichen Leib. Und in diesem neuen, unsterblichen und doch menschlichen Leib ist er in die Gegenwart Gottes getreten.

Warum ist für Sie die leibliche Auferstehung so wichtig? Genügt es nicht, wenn nach dem Tod die Seele des Menschen in den Himmel kommt und damit erlöst ist.

    Oftmals wird Erlösung so verstanden wie Sie sagen: die Seele kommt in den Himmel und man meint, damit sei alles gut. Dabei bleibt aber die Schöpfung in diesem Zustand der Vergänglichkeit zurück, das Leiden und Sterben hier auf Erden hört damit nicht auf. Bereits die Propheten des Alten Testamentes sprechen aber von einem neuen Himmel und einer neuen Erde, die Gott machen wird. Hier geht es auch für die materielle Schöpfung um eine Erneuerung, eine Wiederherstellung, eine Befreiung aus der Vergänglichkeit. Jesus hat Menschen geheilt, sie von ihren Sünden freigesprochen und verstorbene Menschen wieder zum Leben erweckt, auch als Zeichen dafür, was geschehen wird, wenn das Reich Gottes erscheinen wird.

Das hört sich interessant an, aber was bedeutet das nun für mich?

    Für Sie bedeutet das, dass in Jesus Christus eine neue Schöpfung begonnen hat. Die absolute Grenze des leiblichen Todes ist überwunden. Paulus schreibt, dass der letzte Feind des Lebens, der Tod selbst, einmal endgültig überwunden wird – der Tod wird dann nicht mehr sein, keine Trauer und keine Mühsal. Das ist die Verheißung des Gottesreiches, und durch Christus haben wir Menschen, und damit auch Sie, wieder Zugang zu diesem Reich.

Das verstehe ich noch nicht!

    Die wichtigsten Ereignisse in der Geschichte Israels waren die Befreiung aus der Knechtschaft in Ägypten und die Befreiung aus der Gefangenschaft in Babel. Der Weg aus der Knechtschaft und Fremdherrschaft in das verheißene Land, in welchem Milch und Honig fließt, sind zentrale Themen und Vorbilder für einen neuen Weg, der aus der Knechtschaft der Vergänglichkeit und des Todes zu einem neuen, vollkommenen Leben führt. Gott will, dass wir Menschen leben, ER will nicht, dass wir sterben und auf ewig im Tode bleiben.

Sie verstehen den christlichen Glauben als einen Weg der Befreiung?

    Ja, eine Befreiung aus jeglicher Fremdherrschaft und Sklaverei. Das ist der Weg, den wir Christen zu gehen haben.

Aber im Gottesreich herrscht doch Gott, oder nicht?

    Ja.

Dann ist das doch nur ein Wechsel von einer Fremdherrschaft in eine andere?

    Diese beängstigende Vorstellung kommt daher, dass unsere Gottesvorstellungen falsch sind. Hierzu hat die Kirche vor allem ab dem 4. Jahrhundert auch ihren schlechten Beitrag geleistet, als versucht worden ist, das Gottesreich mit menschlichen Mitteln aufzurichten und letztlich Drohung und Gewalt angewendet wurde, um die 'christliche Wahrheit' durchzusetzen oder zu verteidigen. Diese Vorgehensweise entspricht nicht dem Evangelium und steht im Gegensatz zu dem, was Jesus seinen Jüngern aufgetragen hat.

Was hat Jesus seinen Jüngern denn aufgetragen?

    Jesus hat davon gesprochen, dass die Mächtigen dieser Welt die Menschen unterdrücken und ihre Macht missbrauchen, und er sagte auch, dass dies unter den Seinen nicht so sein soll! Und er selber gab sich als Beispiel, denn er selber kam, um zu dienen und sein Leben zu geben zur Befreiung von vielen. Diese Gesinnung, diese Grundhaltung sollte unter den Christen gelebt werden, vor allem von denen, die Verantwortung tragen. Die christlichen Obrigkeiten, ob weltlich oder geistlich, haben hier oftmals nicht entsprechend der Weisung von Jesus Christus gehandelt, dies zeigt die Kirchengeschichte vor allem im sogenannten christlichen Abendland auf erschreckende Weise auf – bis heute. Die ausgeübte Gewalt, ob geistlich oder leiblich, hat die freudige Erwartung einer gerechten Herrschaft des liebevollen Königs Jesus Christus, wie sie in den Anfängen der Kirche noch lebendig war, zunichte gemacht. Für viele Menschen ist die Vorstellung eines Gottesreiches abstoßend, weil so ein Reich eher mit Zwang, Drangsal und Freudlosigkeit verbunden zu sein scheint, als mit Frieden, Heil und Freiheit.

Ja genau das wollte ich fragen: Ist dieses Gottesreich denn überhaupt erstrebenswert?

    Ja natürlich, denn ich bin überzeugt davon, dass Gott es mit einem jeden von uns gut meint. Eine andere Frage ist allerdings, ob es für uns Menschen, so wie wir jetzt sind, gut wäre, ewiges Leben zu empfangen.

Wie meinen Sie das?

    Angesichts des Todes wünschen sich wohl die meisten Menschen, nicht sterben zu müssen. Wenn wir uns aber vor Augen halten, wie wir Menschen oft miteinander umgehen, wie egoistisch wir denken und handeln, den eigenen Vorteil suchen, dem Unrecht gegenüber gleichgültig sind, vor allem solange wir selber davon profitieren – und dadurch das Leiden von anderen Menschen fördern, also wenn wir uns das vor Augen halten, dann wäre die Vorstellung, in diesem Zustand ewig zu leben, eher unerträglich. Laut biblischem Bericht wurde dem Menschen der Zugang zum Baum des Lebens gerade deswegen verwehrt, damit er in diesem Zustand nicht ewig lebt.

Dann verwehrt uns Gott den Zugang zum ewigen Leben, weil ewiges Leben für uns, so wie wir sind, gar nicht gut wäre?

    Ja so kann man das auch sagen. Es gibt das Böse in der Welt und es gibt auch das Böse in jedem von uns, ohne genauer erklären zu wollen, was das Böse eigentlich ist. Jeder Mensch, jede Gemeinschaft, jedes Volk kann sich dieser beständigen Auseinandersetzung nicht entziehen. Die Menschen versuchen verschiedene Wege, dem Guten zum Sieg zu verhelfen, nur es ist noch nie wirklich und dauerhaft gelungen. Wir wissen, wenn wir ehrlich sind, auch gar nicht genau, was nun 'böse' und was 'gut' eigentlich ist. Wir Christen glauben jedoch: Das Gute kam in die Welt, denn Gott selber kam als Mensch in diese Welt, und sowohl die weltliche Macht (verkörpert durch die Römer) als auch die geistliche Macht (verkörpert durch die jüdischen Ältesten) und das Volk (verkörpert durch die Juden) haben diesen Jesus gekreuzigt. Und ein jeder von uns tut es im übertragenen Sinn noch heute, indem wir uns unseren Mitmenschen gegenüber ungerecht verhalten, sie vorverurteilen oder ohne Erbarmen sind.

Und was ist nun die frohe Botschaft?

    Die frohe Botschaft ist, dass Jesus Christus das besiegt hat, was wir bei allem guten Willen und Anstrengungen nicht besiegen können: Das Böse in der Welt und auch im Menschen selbst. Im Gegensatz zu uns ist er imstande, ein gerechtes Gericht zu üben, weil er unterscheiden kann zwischen gut und böse. Er kennt uns und weiß um unsere Bedrängnisse, den inneren und äußeren Kampf, in dem wir stehen und unter dem wir auch leiden. Er verurteilt uns Menschen nicht, weil er uns kennt, unsere Schwachheit, unsere Unvollkommenheit, auch unsere Überheblichkeit. Im Gegenteil, er will mit uns Menschen einen Weg der Befreiung gehen, innerlich und äußerlich, und seine Geduld und Nachsicht mit uns auf diesem Weg übersteigt unsere Vorstellungskraft. Die frohe Botschaft ist, dass er uns Kunde gebracht hat vom Reich Gottes, von einem die Menschen liebenden Gott, der nicht gegen uns ist sondern für uns – einem Gott, der sich selber aufgemacht und einen Weg des Heils eröffnet hat, der zu einem ewigen Leben in seinem Reich führt.

Und wer soll diesen Weg gehen?

    Wir nennen uns ja Christen, d.h. die Gesalbten, und in dieser Salbung des Heiligen Geistes, also mit Gottes Hilfe, sollen und können wir diesen Weg gehen, wie einst das Volk Israel aus dem Sklavendienst befreit wurde und sich auf den Weg in das verheißene Land gemacht hat. Hierzu sind wir Christen aus dieser Welt herausgerufen, das griechische Wort 'Ekklesia' , das wir mit Kirche übersetzen, heißt wörtlich 'die Herausgerufene'. Jesus hat durch sein Sterben einen Sieg errungen, denn er ist auferstanden aus den Toten, und diesen Sieg sollen auch wir Christen erringen, die Auferstehung aus den Toten. Jeder Christ ist dazu berufen, sich nicht der Welt anzupassen, sondern sein Denken zu erneuern, um zu erkennen, was der Wille Gottes ist, was gut und vollkommen ist.

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