Ruft Jesus zu Gewalt auf?

Und doch bleibt die Frage, ob Jesus auch zu Gewalt aufgerufen hat, denn es gibt Aussagen, welche man so verstehen kann. Im Zusammenhang mit einem Gleichnis steht dieser Satz im Lukasevangelium:

    Doch meine Feinde, die nicht wollten, dass ich ihr König werde, bringt sie her und macht sie vor meinen Augen nieder!
    (Luk 19,27)

Es gilt die Frage zu beantworten, wer die Feinde von Jesus sind, die 'niedergemacht' werden müssen. Einleitend hierzu möchte ich auf eine Aussage des Apostels Paulus aufmerksam machen in Bezug auf jene Menschen, die seinen Tod zu verantworten hatten:

    Und doch verkündigen wir Weisheit unter den Vollkommenen, aber nicht Weisheit dieser Welt oder der Machthaber dieser Welt, die einst entmachtet werden. 7 Vielmehr verkündigen wir das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes, die Gott vor allen Zeiten vorausbestimmt hat zu unserer Verherrlichung. 8 Keiner der Machthaber dieser Welt hat sie erkannt; denn hätten sie die Weisheit Gottes erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt.
    (1.Kor 2,6-8)

Apostel Paulus geht also davon aus, dass die damaligen Machthaber in Unwissenheit gehandelt haben. Unwissenheit schützt zwar nicht vor Strafe, aber kann man vor diesem Hintergrund diese Machthaber und das Volk, welches ja auch gerufen hat: „kreuzige ihn“ als jene Feinde ansehen, von denen Jesus in diesem Gleichnis spricht? Und nicht zu vergessen der Ausspruch von Jesus am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

In den Evangelien gibt es einen Feind, der Jesus gegenübertrat und versuchte, ihn zu Fall zu bringen. Satan war dieser Feind, und er hat genau gewusst, wen er vor sich hat: Den Messias Gottes, den verheißenen König. Und er wusste auch: Gelingt es diesem Messias, als König eingesetzt zu werden, hat er seine Macht verloren. Heutzutage schütteln bei solchen Aussagen die allermeisten Menschen und auch gläubige Christen den Kopf, weil sie der Überzeugung sind, dass es keine Engel, und schon gar keine bösen Engel gibt – wir leben ja schließlich in einer aufgeklärten Welt. Wäre ich selbst nicht von solchen Wesen angegriffen worden, hätte ich sie nicht gesehen und ihre Kraft erlebt, würde ich vielleicht genauso reden, aber das kann ich nun nicht mehr. Jesus selbst, der Menschensohn, bezeichnet den Widersacher als seinen Feind im Gleichnis vom Unkraut auf dem Acker (Luk 13,28.39).

Bei seiner Verhaftung sagte Jesus: „Aber das ist eure Stunde, jetzt hat die Finsternis die Macht.“ Mitten am Tag brach über das ganze Land eine Finsternis herein, als Jesus am Kreuz hing. Neben der Tatsache, dass dies zu jener Zeit geschah, als im Tempel die Passahlämmer geschlachtet werden sollten, weist diese Finsternis auf den eigentlichen Kampf hin, den Jesus am Kreuz auszufechten hatte (beschrieben in Psalm 22).

    Er (Gott) hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn an das Kreuz geheftet hat. 15 Die Fürsten und Gewalten hat er entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt; durch Christus hat er über sie triumphiert.
    (Kol 2,14.15)

Jesus Christus ist gekommen, um den berechtigten Schuldspruch, der für jeden von uns Menschen den Tod zur Folge hat, auf sich zu nehmen. Er, der ohne Sünde war, konnte diese Schuld auf sich nehmen, und den Tod, welchen wir verdient hätten, erleiden, ohne auf ewig der Macht des Todes unterworfen zu sein. Das ist das Evangelium von der Auferstehung. Jesus kam, um Menschen zu retten, nicht zu verdammen, er ist gekommen um die Schöpfung wiederherzustellen, und nicht um sie zu vernichten. Er ist aber auch gekommen, um den Dämon zu besiegen und zu entmachten, von dem Jesus sagte:

    „Jener war ein Menschenmörder von Anfang an und stand nicht in der Wahrheit, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben.“
    (Joh 8,44)

In den Briefen des Neuen Testamentes wird an vielen Stellen beschrieben, dass es im Evangelium zum einen um die Überwindung des Todes überhaupt geht, und zum anderen um die Entmachtung des Teufels:

    Da nun die Kinder Menschen von Fleisch und Blut sind, hat auch er in gleicher Weise Fleisch und Blut angenommen, um durch seinen Tod den zu entmachten, der die Gewalt über den Tod hat, nämlich den Teufel, 15 und um die zu befreien, die durch die Furcht vor dem Tod ihr Leben lang der Knechtschaft verfallen waren.
    (Heb 2,14.15)

    Er (Jesus) hat dem Tod die Macht genommen und uns das Licht des unvergänglichen Lebens gebracht durch das Evangelium, ...
    (2.Tim 1,10b)

    Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod.
    (1.Kor 15,26)

Viele Menschen sagen heute: „Der Tod gehört zum Leben“. Wenn man von einer Welt ausgeht, die nur aus Werden und Vergehen besteht, mag das stimmen. Das Evangelium sagt uns etwas anderes: Der Tod hat nicht das letzte Wort, der Tod gehört nicht zum Leben, sondern er ist der Feind des Lebens - und Jesus kam, um ihn zu besiegen. Die Feinde, welche nicht wollten, dass Jesus König wird, sind auch die Feinde, welche uns Menschen das Leben nehmen wollen.

Wir wissen nicht, wie dieser Kampf gegen diese böse Engelwelt aussehen wird, freiwillig werden diese Mächte und Gewalten nicht weichen. Mit politischen Mitteln, Menschenhass, Gewalt und Unterdrückung gegen andere Menschen kann dieses Ziel nicht erreicht werden, im Gegenteil: Wer solches tut, macht sich selbst zu einem Werkzeug dieser Mächte, denn er macht dasselbe, was sie tun. Darauf weist Paulus hin, ganz im Sinne des Evangeliums, dass dieser Kampf sich nicht gegen Menschen richtet, sondern gegen unsichtbare Mächte und Gewalten.

    Und schließlich: Werdet stark durch die Kraft und Macht des Herrn! 11 Zieht die Rüstung Gottes an, damit ihr den listigen Anschlägen des Teufels widerstehen könnt. 12 Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt, gegen die bösen Geister des himmlischen Bereichs.
    (Eph 6,10-12)

 

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